STATION 5 – AUS ALT MACH NEU, NEU UND WIEDER NEU

Schon lange gilt «Recycling» als Zauberformel, um unseren Planeten nachhaltiger zu gestalten: Dank der Trennung von Abfällen gibt es für viele Wertstoffe ein Happy End! Recycling schont Ressourcen, spart Energie, reduziert die CO2-Belastung und schafft Sekundär-Rohstoffe.

Dass Recycling auch unterschiedlich stattfinden kann, zeigen wir dir hier anhand zweier Label: ZI KA DE verwandelt Kimonoseide in moderne Bomberjacken, Round Rivers sammelt Zürcher Fluss-PET und stellt Jacken sowie Bademode daraus her.



Round Rivers: Aus Flussplastik entsteht Mode

DESIGNGUT: Was verbindet euch mit dem Begriff «Zirkularität»? Was bedeutet das Konzept für euch als Label? Und was persönlich als Menschen?

Peter von Round Rivers: Wir von ROUND RIVERS verwandeln Fluss-Plastik, welches wir aus der Zürcher Limmat fischen, in Upcycling Produkte. Somit bringen wir ein Material, welches sich nicht mehr im Kreislauf befindet, wieder zurück, bereiten es auf, um erneut als Produkt Anwendung zu finden. Selbstverständlich bieten wir an unsere Produkte zu reparieren und damit den Lebenszyklus zu verlängern. Für die volle Zirkularität müssen wir es jedoch schaffen, das upgecycelte Flussplastik im Kreislauf zu behalten. Das schaffen wir - ab 2025, so ist das grosse Ziel. 

DG: Wie denkt ihr über den Trend zur Minimalismusbewegung und die Idee des «Weniger ist mehr» im Konsum? 

PvRR: Ich persönlich bin sehr minimalistisch und kaufe mir lediglich fünf Teile pro Jahr, wenn es um Bekleidung geht. Selbstverständlich kann ich den Wunsch des Konsums sehr gut verstehen - es fühlt sich toll an. Unter den derzeitigen Umständen wäre es jedoch besser, weniger zu konsumieren, da es leider nur eine äusserst kleine Auswahl an wirklich nachhaltigen Produkten gibt. In meiner ideologischen Vorstellung ist Konsumverzicht jedoch nicht die Lösung, denn das hätte große ökonomische Konsequenzen. Für mich liegt das große Ziel darin, Produkte so zu konzipieren, dass deren Konsum nicht schlecht, sondern sogar gut für die Umwelt ist. Somit stünde die Ökologie und die Ökonomie weiter im Gleichgewicht und wir könnten unseren Lebensstandard beibehalten oder gar verbessern. 

DG: Welche Herausforderungen seht ihr bei der Integration nachhaltiger Konsumgewohnheiten im Alltag? Und wie geht ihr damit um?

PvRR: Eine sehr grosse Herausforderung ist sicherlich die Konsument:Innen zu sensibilisieren. Was ist wirklich nachhaltig und was hört sich nur so an? Oft kann man den komplexen Unterschied nur durch eine ausgeprägte Aufklärung vermitteln. Die grosse Gefahr ist, dass es die Menschen überfordert oder sie schlicht keine Zeit dafür haben. Wir versuchen dennoch Wissen bei jeder Gelegenheit zu vermitteln und aufzuklären worauf es ankommt. Ein gutes Beispiel ist eine Jacke aus alten PET-Flaschen. Viele Käufer:innen denken dies wäre eine unterstützenswerte Sache. Doch fast immer handelt es sich dabei um ein Downcyling. Der Grund hierfür ist, dass PET-Flaschen aus existierenden Recyclingkreisläufen herausgenommen werden, zu Produkten verarbeitet werden, welche nach derzeitigem Stand nicht wieder recycelt werden können. Was sich also grün anhört ist alles andere als ökologisch. Verwendet man jedoch PET-Flaschen, welche sich nicht mehr im Recyclingkreislauf befinden, wie z.B. im Meer, auf Mülldeponien oder im Fluss, so ist das unterstützenswert und gut für die Umwelt - man spricht dann von Upcycling. 

DG: Wo stösst ihr an Grenzen in der Kreislaufwirtschaft?

PvRR: Wir sind von technischer Innovation abhängig, um den Kreis zu schliessen.
Wir fangen beim Rohstoffsourcing an und haben unsere ganz eigene, lokale und transparente Wertschöpfungsskette aufgebaut - ein grosser und innovativer Meilenstein in der Modeindustrie. Flussplastik wird zu Flakes, Granulat, Garn, Textil und letztlich zu Bekleidung. 
Was uns jedoch zur vollen Zirkularität fehlt, ist ein Unternehmen, welches das chemische Recyclingverfahren kommerzialisieren kann. Sprich, Produkte, welche am Ende des Lebenszyklus angekommen sind, wieder zu depolymerisieren, also zu verflüssigen. Dies kann dann erneut zu Granulat verarbeitet werden und damit in unsere existierende Produktionskette einfliessen. Gelingt uns das, so glauben wir wären wir das erste Label, welches mit der eigenen Produktionskette zirkulär wäre. Wir haben eine Pionieren in der Schweiz gefunden, welche uns dies ab 2025 ermöglichen könnte. Wir sind gespannt!


Peter Hornung, Founder

Round Rivers filtert PET-Flaschen aus dem Schweizer Fluss Limmat und verarbeitet diese in einem Produktionsradius von 140km zu Flakes, Granulat, Garn, Textil und letztlich zu upgecyclter Bademode und Winterjacken. Mit dem Rohstoffsourcing anzufangen macht Round Rivers zu Pionieren. Einerseits säubert das Unternehmen durch den umweltaktivistischen Ansatz das Schweizer Gewässer und andererseits werden jegliche Verarbeitungsschritte mit lokalen Partner:innen vorgenommen. Der grosse Vorteil: eine transparente Wertschöpfungskette - von der Flasche im Fluss bis zum fertigen Produkt.


ZI KA DE: Tradition trifft auf Moderne

DESIGNGUT: Was verbindet ihr mit dem Begriff «Zirkularität»?  

Barbara Wenk: Vor dem Start eines Unterfangens alles von Anfang bis Ende durchzudenken. Bis man wieder am Anfang ankommt. Wenn man sich auf den Weg gemacht hat, darauf achten, dass unterwegs möglichst wenig verloren geht.

DG: Was bedeutet das Konzept für euch als Modemacherinnen? Und was persönlich?

BW: Alle Materialien kennen, wissen woher sie kommen, wie sie hergestellt werden und wie sie recycelt oder abgebaut werden können. Die Menschen und ihre Arbeitsbedingungen kennen, die am Produktionsprozess beteiligt sind. Hochwertige, schöne Produkte herstellen, die lange Freude bereiten. Individualisierbare, auf Kunden:innen zugeschnittene Produkte anbieten. Kunden:innen auch nach dem Kauf bei der richtigen Pflege unterstützen. Reparaturservice für defekte und abgenutzte Produkte anbieten.

DG: Warum ist euch das Recycling wichtig? Wie seid ihr dazu gekommen – die Kimonos so anzubieten?

BW: Da war der Zufall unser Freund: Meine Freundin und Geschäftspartnerin Katharina Oehler war an einer Ikebana-Ausstellung (Anm.d.R. japanisch Blumensteckkunst) und trug eine Hose mit Kranich-Design. Sie wurde von mehreren Personen gefragt, ob die Hose aus dem Stoff eines Kimonos gemacht ist. War sie nicht, aber die Idee hat uns so begeistert, dass wir in das Thema eingetaucht sind. Gefunden haben wir ein beachtliches Angebot an wunderschönen, (nicht mehr) gebrauchten Stoffen reich an Geschichte. Wir beide haben uns vorher, abgesehen vom eigenen Kleiderschrank, nicht mit Mode beschäftigt. Wir haben uns in die Kimonos verliebt, alles andere kam danach!

DG: Wo seht ihr die Grenzen in der Modeindustrie mit der Kreislaufwirtschaft?

BW: Das Nachhaltigste wäre ja, gar keine neuen Kleider mehr zu produzieren! Da sich der Mensch aber seit je her über sein Äusseres ausdrückt, von Status über Zugehörigkeit hin zum reinen Ausdruck des Selbst, ist dieses Ziel unrealistisch. Das Maximum, welches wir als Modeschaffende herausholen können, ist, wo immer möglich auf bestehendes Material zurückzugreifen und bei neuem Material auf Rezyklierbarkeit und nachhaltige Produktion zu achten. Wir können dafür sorgen, dass unsere Produkte durchdacht und qualitativ hochwertig sind und sie nach dem Verkauf weiter begleiten.

mehr zum Basler Label ZI KA DE findest du hier: zikade.ch





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